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* 05.01.1932, Alessandria

italien. Zeichentheoretiker und Autor

Umberto Eco ist – nicht zuletzt aufgrund seines Welterfolgs als Erzähler (Der Name der Rose, Das Foucaultsche Pendel) – der wohl bekannteste Zeichentheoretiker unserer Zeit. Im Mittelpunkt von Ecos Forschung steht das prinzipiell unabschließbare Projekt einer allgemeinen Theorie der Zeichen als Grundlage jeglicher Beschäftigung mit kulturellen Phänomenen.

Daneben hat sich Eco immer wieder speziell mit Fragen der Poetik beschäftigt: Anders als manche strukturalistische Textinterpretation versteht Eco die Bedeutung eines Textes als das Ergebnis eines Kommunikationsprozesses zwischen Text und Leser. Insbesondere künstlerische Texte weisen – in unterschiedlichem Maße – Mehrdeutigkeiten auf, die ein Leser in beliebiger oder systematischer Weise auflösen kann. Die jeweilige Interpretation hängt demzufolge davon ab, welches Weltwissen und welche Codes der Leser an den Text heranträgt, um ihn zu verstehen. Eco interessiert dabei v.a. "die Art und Weise, in der der Text diese Art interpretativer Zusammenarbeit vorsieht und lenkt" (Eco 1987, S. 31), wie er also den Prozeß kontrolliert, in dem der Leser aufgrund seiner enzyklopädischen Kompetenzen die passenden Bedeutungen aus der Summe der vielen möglichen, aber kontextabhängigen Bedeutungen der einzelnen Textelemente wählt.

Auf dem Gebiet der Hermeneutik nimmt Eco damit im Streit der Interpretationen eine mittlere Position ein zwischen der traditionelleren Ansicht, die behauptet, daß sich die eigentliche Bedeutung eines Textes als Autorintention oder Textstruktur feststellen lasse, und dem Gegenextrem der Dekonstruktion, daß jede Festlegung der Bedeutung eine vergebliche Bemühung sei, weil das Verstehen von Zeichen stets neue Zeichen erfordere und damit eine endlose (und beliebige) Interpretationsarbeit in Gang setze. Eco selbst unterscheidet zwischen dem Gebrauch eines Textes (zum Beispiel als Beleg für Spekulationen über Zusammenhänge zwischen dem Textinhalt und der Biographie des Autors) und der kritischen Interpretation, die sich bemüht, die ästhetischen Strategien des jeweiligen Textes aufzudecken (zum Beispiel als zweite Lektüre einer Kriminalgeschichte, wobei der Leser untersucht, wie er bei der ersten, naiven Lektüre vom Text gezielt fehlgeleitet worden ist). Der Unterschied zwischen Textgebrauch und Textinterpretation besteht darin, daß beim Gebrauch die vom Leser verwendeten Codes vom Text selbst weder gefordert noch gerechtfertigt werden, was bei der Interpretation hingegen der Fall ist. Die interne Kohärenz, d.h. eine ständige Überprüfung und Korrektur der im Verlauf des Leseprozesses bereits realisierten Bedeutungen gilt dabei als Kriterium, gute (mögliche) Interpretationen von unzulässigen (schlechten) Interpretationen zu trennen.

© pflug

Wichtige Schriften

  • Streit der Interpretationen (1987)
  • Lector in fabula (1994)
  • Die Grenzen der Interpretation (1995)
Sekundärliteratur
  • W. Nöth, Handbuch der Semiotik, Stuttgart 1999.
  • D. Mersch, Umberto Eco zur Einführung, Hamburg 1993.
  • P. Zima, Literarische Ästhetik, Tübingen 1995.