Gedankenbericht/psycho-narration

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Wie das Wort ´Gedankenbericht´ schon sagt, teilt der Erzähler bei dieser Form der Bewußtseinswiedergabe die Gedanken einer Figur mit, die von ihr selbst nicht laut ausgesprochen werden. Wie im ´Redebericht´ behält er sich dabei Raffungen und Kommentare vor. Insofern erscheint diese Technik ziemlich traditionell. Dorrit Cohn weitet mit ihrem Begriff der ´psycho-narration´ das Feld auch auf die Wiedergabe von Nicht-Sprachlichem, also der Gefühle aus. Ihr zufolge ist ´psycho-narration´ der "einzige Weg überhaupt [...], der in die vorsprachlichen Tiefen des Bewußtseins reicht". (Cohn, S.61) Der Erzähler versprachlicht hier also, was eine Figur nicht artikulieren will oder kann, was in ihrem Bewußtsein nur als bildhafter Eindruck wie z.B. ein Traum oder eine Vision existiert. Das gilt zunehmend auch für die moderne Erzählliteratur. In der genannten Funktion wird die ´psycho-narration´ z.B. in zentralen Episoden mehrerer Romane von Thomas Mann (Die Buddenbrooks, Der Zauberberg, Doktor Faustus) verwendet.


© SR


Sekundärliteratur:


1. D. Cohn: Transparent Minds. Narrative Modes for Presenting Consciousness in Fiction, Princeton, N.J. 1978.

2. M. Martinez und M. Scheffel: Einführung in die Erzähltheorie, München 1999.

3. J. Vogt: Aspekte erzählender Prosa, Opladen 1998, Kap.4.