Rundfunk

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Rundfunk existiert als Hörfunk seit Beginn, als Fernsehen seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts und dient der drahtlosen Übermittlung von Ton und Bild mit dem Anspruch, die Öffentlichkeit zu informieren und zu unterhalten. Ausgangspunkt des Hörfunks oder (wie es umgangssprachlich zumeist heißt) des "Radios" sind in Deutschland die Versuche mit Röhrensendern und Rückkoppelungsempfängern, die Hans Bredow und Alexander Meißner gegen Ende des Ersten Weltkrieges in Form von Musikübertragungen an der deutschen Front durchführten. 1920 wurde erstmals ein Konzert vom Langwellensender Königs Wusterhausen ausgestrahlt. 1925 wurde die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft gegründet, die auch für viele Autoren der Weimarer Republik von Interesse war - und zwar sowohl ökonomisch wie auch kulturell und politisch (Bertolt Brecht: Radiotheorie).

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda abgelöst. Um den Massenzugriff auf die Hörerschaft zu gewährleisten, sollte ein billiges Gerät geschaffen werden, das sich alle privaten Haushalte leisten konnten. Es war die Geburtsstunde des "Volksempfängers", der innerhalb von zehn Jahren eine Steigerung der Radioteilnehmer von mehr als 12 Millionen ermöglichte und auch noch nach dem Krieg für die große Popularität des Mediums Radio mitverantwortlich sein sollte. Parallel zum Krieg mit den Waffen führten die Nationalsozialisten einen Krieg im Äther, indem sie im Inland täglich Erfolgsmeldungen über den Aufbau des nationalsozialistischen Staates und später Durchhalteparolen ausstrahlten, im Ausland ihr Programm in über 20 Fremdsprachen sendeten und gleichzeitig jedes Abhören von sogenannten Feindsendern unter strenger Strafandrohung untersagten.

Nach dem Sieg der Alliierten lag die Rundfunkhoheit zunächst bei den Besatzungsmächten, die für die demokratische Umorganisation der verschiedenen Reichssendeanstalten verantwortlich waren. Hieraus entwickelten sich in den Westzonen weithin nach britischem Vorbild die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, in Anlehnung an die föderalistische Struktur gegliederten (heute: BR, HR, MDR, NDR, ORB, RB, SFB, SR, SWR, WDR), die der Kontrolle eines Rundfunkrates unterliegen und durch Gebühren und Werbeeinnahmen finanziert werden. Gemeinsam mit der Deutschen Welle, dem Deutschland Radio und dem Deutschlandfunk sind sie in der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD) zusammengeschlossen. Artikel 5 des Grundgesetzes regelt die 'Rundfunkfreiheit', die eine freie Berichterstattung gewährleisten und die staatliche Einflussnahme sowie die Behinderung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen verhindern soll.

Neben seiner journalistischen Funktion im engeren Sinne (Information, Meinungsbildung, Unterhaltung) hat das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem der Bundesrepublik zweifellos eine bedeutende Rolle für die Entwicklung einer politischen Kultur in der Bundesrepublik gespielt (wobei ihm die relative Unabhängigkeit vom Staat förderlich war). Eine besondere Rolle spielte "der Funk" bei der Förderung der westdeutschen Nachkriegsliteratur: Während Zeitungen und Verlage noch in Trümmern lagen, konnten die Radioanstalten bereits Aufträge vergaben. Die Erfolgsgeschichte der Kurzgeschichte und des Hörspiels, die neue Form des Features, oder auch die Karrieren von Autoren wie Heinrich Böll, Ingeborg Bachmann, Günter Eich, später Hans Magnus Enzensberger wären nicht möglich gewesen ohne dieses neuartige "Mäzenat" der Rundfunkanstalten - wobei einige Autoren zugleich als Rundfunkredakteur (Alfred Andersch und Helmut Heißenbüttel in der Bundesrepublik, Ingeborg Bachmann in Österreich) konzeptionellen Einfluss nehmen konnten.

Seit 1984 hat sich in Deutschland das duale Rundfunksystem durchgesetzt, in dem neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch privatwirtschaftlich organisierte Sender ihr Programm ausstrahlen. Die grundlegenden Unterschiede von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern liegen in der Finanzierung. Überspitzt formulierte Gerd Bacher (Generalintendant des ORF in Wien): "Öffentlich-rechtlicher Rundfunk braucht Geld, um Programm zu machen. Privatfernsehen braucht Programm, um Geld zu machen." Unbestritten ist jedenfalls, dass damit die politisch-publizistische und kulturelle Dimension des Rundfunks zurücktritt während die aktuelle Information, auch lokal- oder zielgruppenspezifisch, mit Unterhaltungselementen, besonders der populären Musik in allen Spielarten, einen engen Verbund eingeht (und übrigens auch die HörerInnen verstärkt einbezogen werden). Mit Wohlwollen kann man dies "Serviceradio" nennen, Kritiker sprechen abschätzig vom "Dudelfunk".

Der kommende, in seinen Folgen noch nicht abzusehende Entwicklungsschritt ist die in Ansätzen schon realisierte Digitalisierung des Rundfunks, die theoretisch die Ausstrahlung von mehreren hundert Kanälen erlaubt, zudem die Aufhebung starrer Programmschemata ermöglicht.

©HKö

Sekundärliteratur