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Eine Rede besteht aus verschiedenen Elementen. Mit Elementen sind hier die verschiedenen Arbeitsphasen gemeint, die notwendig sind, um eine Rede hervorzubringen.

Am Anfang steht der Gedanke, d.h. die Erfindung der Gedanken (inventio), die Erfindung des Themas der Rede und ihres Inhaltes. Dieses Thema kann sich dem Redner mehr oder weniger aufdrängen, z.B. dem Vater einer Braut, der auf der Hochzeitsfeier einige Worte – eine Lobrede - über die Ehe im allgemeinen, seine Tochter und den Schwiegersohn im besonderen formulieren muß! Das Thema ist ihm klar, was er sagen soll jedoch noch lange nicht.

Wird er die Sandkastenliebe seiner Tochter erwähnen, von der sich der nun gewählte Gatte zumindest von den Tischmanieren her gesehen positiv unterscheidet? Oder soll er die 'Verdienste'der Heiratswilligen in Schule und Beruf hervorheben, um auf ihren untadeligen Charakter hinzuweisen? Oder soll er die Geschichte ihrer Liebe erzählen? Fragen über Fragen, die nicht beendet sind, wenn sich der Vater z.B. für die Geschichte der Liebe des Hochzeitspaares entschieden hat, denn nun heißt es, womit beginnen? Soll er chronologisch erzählen oder in Rückblicken? Mit der Geburt beginnen und mit dem Festtag enden, mit dem Festtag beginnen und einige Spotlights in die Vergangenheit werfen? Egal wie er sich entscheidet, er muß seine Gedanken gliedern (dispositio). Aber mit der Gliederung der Gedanken ist die Rede leider immer noch nicht vollbracht, nun muß sie formuliert werden, müssen die Gedanken sprachlich dargestellt werden (elocutio). Auch hier muß der zukünftige Redner wieder viele Entscheidungen treffen bezüglich der zu wählenden rhetorischen Mittel. Er kann seine Tochter als Blume bezeichnen, die jetzt endlich aufgeblüht ist (Metapher). Er kann zum Abschluß die Festgemeinde fragen, ob sie sich überhaupt ein wunderbareres Paar vorstellen könnte (rhetorische Frage). Und er kann auch seine Tochter und seinen zukünftigen Schwiegersohn als die Liebe an sich darstellen (Allegorie)!

Sind dann auch diese Entscheidungen gefällt worden, dann muß die Rede memoriert werden (memoria), denn nichts wirkt grauenvoller, als eine mehr schlecht als recht holprig abgelesene Rede. Der freie Redner ist der überzeugende Redner. Der freie Redner ist es dann auch, der sich auf den Vortrag seiner Rede (pronuntiatio) – und damit auf das fünfte und letzte Element der Rede – vollkommen konzentrieren kann, und nicht mit der mittlerweile unleserlichen Schrift oder der schlechten Beleuchtung des Katheders zu kämpfen hat.

In der Rhetoriklehre werden diese verschiedenen Elemente der Rede in die Bereiche der res - also der Gedanken – und der verba – also der Sprache – unterschieden. Die Erfindung und Gliederung der Gedanken sowie das Memorieren der Rede gehört zur sachlich-argumentativen Seite der Rede (res), die sprachliche Darstellung der Gedanken sowie der Vortrag der Rede zur sprachlichen Seite. Diese Differenzierung geht auf Cicero zurück.

Elemente der Rede

Gedanken

(res)

Sprache

(verbum)

1.

Erfindung der Gedanken (inventio)

2.

Gliederung der Gedanken (dispositio)

4.

Memorieren der Rede (memoria)

3.

sprachliche Darstellung der Gedanken (elocutio)

5.

Vortrag der Rede (pronuntiatio)

©rein

Sekundärliteratur

  • M. Fuhrmann: Das rhetorische System: ein Querschnitt, in: ders.: Die antike Rhetorik, München u.a. 1990, S. 75-145.
  • K.-H. Göttert: Einführung in die Rhetorik. Grundbegriffe, Geschichte, Rezeption, München 1991.
  • G. Ueding: Das System der antiken Rhetorik, in: ders.: Klassische Rhetorik, München 1995, S. 53-78.