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O. Henry (William Sidney Porter)

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* 11.09. 1862, Greensboro, North Carolina
† 05.06. 1910, New York

Der Arztsohn William Porter führte vierzig Jahre lang ein ziemlich wechselvolles Leben als Apothekenhelfer, Cowboy, Bankangestellter, sowie als Herausgeber, Redakteur und einziger Autor einer (erfolglosen) humoristischen Zeitschrift mit dem (zukunftsträchtigen) Titel The Rolling Stone. In seiner Bank der Unterschlagung beschuldigt (es scheint sich aber eher um Schlamperei gehandelt zu haben), floh er nach Honduras, kehrte jedoch wegen der schweren Erkrankung seiner Ehefrau zurück und verbüßte in Staatsgefängnis von Ohio drei von fünf Jahren Freiheitsstrafe. In den acht Jahren von seiner Entlassung (1902) bis zu seinem Tod (1910) wurde er unter dem Pseudonym O. Henry schnell zum populärsten Kurzgeschichtenautor und zum bestverdienenden Schriftsteller der USA.

Porter/Henry hatte also eine gute Portion 'american way of life' und 'american dream' selbst mitbekommen: Lebensstoff, aus dem er nun Literatur machte. Sein Markenzeichen und Erfolgsgenre waren die melancholisch, sentimental oder humoristisch gestimmten Kurzgeschichten, die von den boomenden Zeitungen und Magazinen, besonders in der Metropole New York, mit Vorliebe gedruckt wurden. Vor allem seine Geschichten im New Yorker Sunday Magazine wurden von Woche zu Woche mit Spannung erwartet und machten ihn zu einem im Wortsinn populären, also "volkstümlichen" Autor. Und natürlich verkörpert er auch einen eigenständigen, sehr amerikanischen Autorentypus, der nicht von der traditionell literarischen Bildung, sondern vom Alltag und seiner Beobachtung (man könnte auch sagen: vom Journalismus) aus zur Literatur kommt.

In seinen Figuren mit ihren Sorgen und Wünschen, in seinen Schauplätzen und Milieus, in den zahllosen Facetten einer dynamischen und konfliktreichen Gesellschaft, finden sich seine Leser und Leserinnen wieder. Auf der anderen Seite versteht es O. Henry durch seine narrative Technik, besonders durch überraschende Wendungen und Erzählperspektiven, durch Ironie und Humor, und durch das notorische Happy End, den Alltag zu "verzaubern" und sein Publikum für einen Augenblick aus dem alltäglichen Grau in die bunte Welt der Phantasie und des Märchens zu entführen. Wie wir alle wissen, hat ein Kritiker gesagt, dass es im Leben nicht so zugeht wie in seinen Geschichten, aber wir wünschen uns, dass es bisweilen so zuginge.

Die Sammelbände, die er für den Buchmarkt zusammenstellte, insbesondere die mit dem Titel Vier Millionen (Four Million, 1906) - gemeint ist: es gibt vier Millionen Menschen in New York, von denen und für die hier erzählt wird - sind in den USA bis heute populärer Lesestoff und nationale Klassiker geblieben, haben aber auch die Weiterentwicklung der Kurzgeschichte bei Sherwood Anderson, Ernest Hemingway und anderen beeinflusst.

© JZ

Wichtige Schriften

  • Meistererzählungen, Zürich 1991.

Sekundärliteratur

  • E. Current-Garcia: O. Henry (William Sidney Porter), Twayne´s United States Authors Series, New Haven, Conn. 1965.