Klassik

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lat. classicus: erstrangig, mustergültig

Der Begriff Klassik wird allgemein für geistesgeschichtliche Epochen verwendet, die rückblickend als vorbildlich und normbildend bewertet werden. Demzufolge besitzen die verschiedenen Nationalliteraturen ihre je eigene klassische Periode. Wird in Italien das 14. Jahrhundert, das "Trecento", mit Dante Alighieri, Giovanni Boccaccio und Francesco Petrarca als klassisch angesehen, so gilt in Frankreich das 17. Jahrhundert mit Autoren wie Racine, Corneille und Molière als das "siècle classique". In Spanien ist es die Zeit des 16./17. Jahrhundert, die mit Miguel de Cervantes und Calderon der la Barca als "siglo de oro" bezeichnet wird.

In der deutschen Literatur meint der Begriff "Weimarer Klassik" in einem engeren Sinne die Freundschaft und gemeinsame Schaffensperiode von Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller zwischen 1794 bis 1805.

Im Zentrum des klassischen Kunstkonzepts steht das Streben nach harmonischem Ausgleich der Gegensätze. Unter Anlehnung an das antike Kunstideal wird nach Vollkommenheit und der Übereinstimmung von Inhalt und Form gesucht. Wo Goethe in der Natur ein Modell für den universalen Zusammenhang aller Erscheinungen suchte, wurde für Schiller die Geschichte zum wichtigsten Bezugspunkt.

Die poetischen Konzepte der Klassik sind durch die Idee geprägt, die Kunst schaffe sich ein autonomes Universum mit einer eigenen Wirklichkeit. Diese Idee von der Autonomie der Kunst ist mit einem außerordentlich hochentwickelten Formbewußtsein verbunden. In theoretischen Schriften bemühten sich beide Autoren um die Begründung ihres klassischen Kunstideals (u.a. Schillers über naive und sentimentalische Dichtkunst von 1795/96 und Goethes Aufsatz Literarischer Sansculottismus von 1795).

Als beispielhafte Werke der Weimarer Klassik gelten Schillers Dramen Don Carlos (1787), seine Wallenstein-Trilogie (1798/99) oder Wilhelm Tell (1804). Im sogenannten "Balladenjahr" 1797 verfaßten Goethe und er eine Reihe wichtiger Texte (Der Taucher, Der Handschuh, Die Kraniche des Ibykus, Der Zauberlehrling).

Zu den klassischen Dichtungen Goethes zählen seine Dramen Iphigenie auf Tauris (1787), Hermann und Dorothea (1798) und Faust I (1808). Auf dem Gebiet der Lyrik sind die Römischen Elegien (1788-90) und die Venetianischen Epigramme (1796) zu nennen. In der Epik wurde Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795) zum einflußreichen Modell des deutschen Bildungsromans.

Wenn nur das Schaffen von Goethe und Schiller als die klassische Periode der deutschen Literatur betrachtet wird, findet natürlich eine starke Einengung des Blickfeldes und der Ausschluß anderer Autoren statt. Zumindest dürfen wichtige Vorläufer aus der Aufklärung und dem Sturm und Drang (v.a. Gotthold Eprahm Lessing, Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder) nicht vergessen werden.

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Sekundärliteratur