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Schulbuch

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Als Schulbuch kann zunächst jeder gedruckte und gebundene Text bezeichnet werden, der in der Schule als Lehr- und Lernmittel Verwendung findet. Im engeren Sinne zählen dazu Lesebücher, Lehrbücher, Arbeitsbücher und Materialsammlungen, die den jeweiligen Ministerien für die Zulassung vorgelegt und von diesen positiv beurteilt worden sind. Geprüft wird dabei vor allem die Übereinstimmung mit den Richtlinien und Lehrplänen für den jeweiligen Fachunterricht. Adressaten des Schulbuchs sind heutzutage Schüler und Lehrer, wobei letztere üblicherweise parallel zum Schulbuch über ein Lehrerhandbuch verfügen. Die Anschaffung eines Schulbuchs entscheidet meist die jeweilige Fachkonferenz der Schule, sofern es sich um Schulbuchanschaffungen für die Schüler handelt.

Aus formaler Sicht unterscheiden sich Schulbücher von anderen Bucharten durch altersangemessene Einfachheit, lernpsychologisch und sachlogisch orientierte Gliederungen, Kürze, Prägnanz sowie durch Anregungsreichtum für Schüler. Als Textsorten sind in Schulbüchern Quellentexte, Lesestellen, fortlaufende Lehrtexte, Überschriften, Zusammenfassungen, Merksätze, Bildlegenden und erarbeitende Texte (Aufgaben, Fragen, Versuche, Illustrationen, Tabellen etc.) enthalten. Glossar und Stichwortverzeichnis sollen die Orientierung des Lesers erleichtern und Verstehensproblemen entgegenwirken, die aufgrund der geradezu typisch erscheinenden hohen Begriffsdichte oftmals entstehen. Darüber hinaus findet man oft Abbildungen und Illustrationen, die entweder sachlich notwendig sind oder aus lernpsychologischen Gründen der Auflockerung dienen sollen.

Der Einfluß des Schulbuchs auf die Entwicklung des Unterrichts kann kaum unterschätzt werden: Anreiz für den Lehrer bietet das Schulbuch durch Sachautorität, seine Verbreitung, eine reduzierte Unterrichtsvorbereitungszeit und die fertige Materialpräsentation. Somit sind Schulbücher in jeder Hinsicht Medium der Standardisierung von Unterricht. Kritische Stimmen verweisen daher auf die Einengung der Unterrichtsgestaltung durch das Schulbuch, welches dem Lehrer eine vollständig vorstrukturierte Gegenstandsvermittlung ermöglicht und z.T. auch abnimmt. Wenig motivierender Routineunterricht ist eine Folge davon. Die Komplexität des Schulbuchs ist zudem für die Verstehensfähigkeit eines durchschnittlichen Schülers konzipiert, so daß innerhalb einer Schule bzw. Klasse mit der Verwendung des Schulbuchs eine Homogenisierung erzeugt wird. Situations- und erfahrungsbezogener Unterricht wird mit dem Schulbuch eher erschwert, so "daß es für die Schüler kaum möglich ist, Lernprozesse selbst zu gestalten. Durch die Formulierung von Texten und Aufgaben wird es den Schülern schwer bis nahezu unmöglich gemacht, eigene Gedanken zu entwickeln, eigene Hypothesen aufzustellen, diese zu überprüfen oder sie zu verwerfen." (Olechowski, 231) Dies gilt in veränderter Form auch für den Lehrer, der als Ausweg aus dem engen Rahmen des Schulbuchs eklektizistisch eigene Unterrichtsreihen aus mehreren Schulbüchern zusammenstellen muß.Im Deutschunterricht hat das Schulbuch eine besondere und grundsätzlich andere Rolle als in den anderen Lehrfächern: Hier dient der Text nicht nur als Mittler des Gegenstands - der zu behandelnde Gegenstand ist in der Regel selbst textförmig und wird meist in Lesebüchern bereitgestellt. Auf den ersten Blick sind Schulbücher einem starken Wandel unterlaufen: Die Texte der Lesebücher aus der Nachkriegszeit waren nach inhaltlichen Kriterien in Kapitel gegliedert, während die von der 'Lesebuchdebatte' Mitte der sechziger Jahre ausgelöste Modernisierung zu formalästhetischen Gliederungskategorien (Gattungsmuster) führte. Aktuelle Lehrbücher für den Deutschunterricht vereinen meist Sprach- und Lesebuch unter ein Konzept in einem Band, deren Kapitel als Arbeitskreise weniger fachlichen als pädagogischen Konzeptionen verpflichtet sind. Die genannten grundsätzlichen Probleme sind mit dem Wandel aber nicht behoben worden.

Als relativ junge Forschungsrichtung erfolgt die Schulbuchforschung heute interdisziplinär in den Bereichen Fachwissenschaft, Fachdidaktik und der Erziehungswissenschaft. Neben anwendungsbezogenen Ergebnissen wie die Bereitstellung kriterienorientierter Bewertungsmaßstäbe für Lehrer sind Forschungsschwerpunkte auf die Inhalte (Darstellung der Frau, Eurozentrismus), die Distributionswege und die Wirkungsweisen von Schulbüchern gerichtet.

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Sekundärliteratur

  • Helmers, Hermann (Hg.): Die Diskussion um das deutsche Lesebuch. Darmstadt 1969.
  • Olechowski, Richard (Hg.): Schulbuchforschung. Frankfurt/M. 1995.
  • Pflugmacher, Torsten: Das deutsche Lesebuch. In: Pädagogische Korrespondenz 29 (2002), S. 23-43.