Film

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Als Geburtsstunde des Films gilt das Jahr 1895, als am 1. November in Berlin die Gebrüder Skladanowsy ihre "lebenden" Fotografien präsentierten, und am 28. Dezember die Gebrüder Lumière im Grand Café von Paris ihren "Cinématographen" vorstellten. Diese Erfindungen markierten jedoch bereits den Höhepunkt einer langen und stürmischen Entwicklungszeit.

Um 1500 wird in Europa die Camera obscura (Lochkamera) bekannt, und aus dem 17. Jahrhundert stammt der erste Beleg für eine Laterna magica (eine Art früher Diaprojektor). Damit war im Prinzip das Problem der Umwandlung eines dreidimensionalen Raumes in eine zweidimensionale Fläche gelöst und das Projizieren von Bildern an eine Wand möglich. Seit ca. 1826 gelang es sogar, die mit Kameras eingefangenen Bilder auf lichtempfindlichem Papier zu speichern. Andere zentrale Fragestellungen, wie man z.B. die Bewegung in fotografierbare Phasen zerlegen könnte ohne den kontinuierlichen Bewegungseindruck zu zerstören, blieben aber noch etliche Jahre ungelöst. Eine Legion von Bastlern arbeite im 19. Jahrhundert in diesem vielfältigen Aufgabenfeld. Der Cinémathograph der Gebrüder Lumière war schließlich diejenige "Spitzentechnologie", welche die unterschiedlichen Erkenntnisse praktisch so erfolgreich umsetzte, dass sie bis an die Schwelle des 21. Jahrhunderts im Grundsatz die für die Filmproduktion und das Kino gebräuchliche Technik darstellte.

Der Film und das Kino (als die wichtigste Form seiner sozialen und kulturellen Institutionalisierung) zielten von Anfang an auf Entertainment, Unterhaltung. Zunächst zeigten die Cinématographen "Sensationen" des Alltags: die Ankunft eines Zuges am Bahnsteig, aufgequirlter Zigarrenqualm, zusammenbrechende Mauern. Hinzu kam Exotik: das boxende Känguruh, Elefantenparade in Indien, der Besuch des Monarchen. Bald wurden auch erste Spielhandlungen für den Film aufgeführt. Der französische Schausteller Méliès stellte am Anfang des 20. Jahrhundert den Ausbruch eines Vulkans nach und ließ eine seiner Spielhandlung sogar auf dem Mond spielen. Die Kinos wandelten sich schnell vom kleinen Wanderkino zum großen Filmtheater. Der Film und das Kino entsprachen auf damals optimale Weise dem Bedürfnis breiter Bevölkerungsschichten nach Zerstreuung, und so wundert es nicht, dass Spielfilme bald zur populärsten Kulturerscheinung des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts wurden.

Erst relativ spät entdeckten einige Filmemacher, dass mit dem Cinémathographen mehr als Klamauk anzustellen war. Das gebildete Bürgertum verlangte nach "gehaltvollen Films", wie man damals auch sagte. In Deutschland ist es der Theaterschauspieler Paul Wegener, der nach 1910 Jahren sein Prestige als Theaterstar riskierte, um den Film für die Kunst zu gewinnen. Für den frühen deutschen Film, mit Querverbindungen zum Expressionismus, sind insbesondere die Regisseure Friedrich Wilhelm Murnau, Fritz Lang und Georg Wilhelm Pabst herauszustellen. Gleichzeitig wird der Film zur Konkurrenz der Literatur und zur Faszination für die Autoren, wie man u.a. an Äußerungen von Hugo von Hofmannsthal, Franz Kafka, Thomas und Heinrich Mann, Bertolt Brecht ablesen kann. Um eine grundsätzliche Reflexion der Wahrnehmungsweise und der Gestaltungsmöglichkeiten des neuen Mediums, also um eine Filmtheorie oder -ästhetik bemühen sich Regisseure, Kunstwissenschaftler oder Soziologen wie Eisenstein, Belas Balasz, Rudolf Arnheim, Siegfried Kracauer, Walter Benjamin.

Stellvertretend für die internationale Legion großer Filmkünstler seien Erich von Stroheim, Charles Chaplin, Sergej Eisenstein, Jean Renoir, Orson Welles, Yasujiro Ozu, Alfred Hitchcock, Ingmar Bergman und Jean-Luc Godard genannt. In den letzten Jahren bieten der New Yorker Hal Hartley, der Däne Lars von Trier und der Finne Aki Karusmäki interessante Einstiege in die Welt des Autorenfilms, der jedoch nicht als dominierende Variante innerhalb der Filmproduktion angesehen werden darf.

Denn schon in den 20er Jahren etablierte sich "Hollywood", das heißt eine Gruppe von großen Produktions-Studios (MGM, Warner Brothers u.a.) als das weltbeherrschende System des international erfolgreichen Films. Der Erfolg Hollywoods gründet in der kompromisslosen Entscheidung, nur solche Filme zu produzieren, die einen breiten Geschmack treffen. Kennzeichen der großen Hollywoodfilme sind Stars, Opulenz der Ausstattung und ein immer wiederkehrendes Handlungsgerüst, welches gemäß bestimmten Genreregeln modifiziert wird. Zur Perfektion wird dieses Produktionssystem in den sogenannten "blockbusters" (wörtlich "Bomben") entwickelt, die heutzutage am ersten Vorführwochenende mehr Einnahmen erbringen als die frühen Filme während ihrer gesamten Vorführlebenszeit. Zudem erwirtschaft die Mehrfachauswertung (Video, Computerspiele, Puppen, Events usw.) inzwischen oftmals ebenso viel Gewinn wie der Film selbst.

© TS

Sekundärliteratur