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Autor

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lat.: Urheber, Schöpfer, Verfasser

Der Begriff „Autor“ dient als Bezeichnung für den geistigen Urheber von Texten jeglicher Art.

Etymologisch betrachtet geht der zunächst in der Form auctor gebräuchliche Begriff auf den lateinischen Terminus auctoritas zurück, der generell Förderer und glaubwürdige Fürsprecher innerhalb einer Gemeinschaft bezeichnete. Erst seit dem späten Mittelalter verengt sich die Bedeutung einzig auf poetisch Schaffende, ohne dass dabei jedoch ein semantischer Verzicht auf die sozialen Merkmale des autoritären Ratgebers zu verzeichnen wäre. Während heute in der alltäglichen Sprachpraxis Romanciers, Lyriker, Dramaturgen, Drehbuchautoren, Essayisten, Journalisten und Sachbuchautoren ebenso wie Tagebuch- und Briefverfasser unter die gedankliche Kategorie „Autor“ subsumiert werden können, konzentriert sich die literaturwissenschaftliche Praxis traditionell auf eine enge Begriffsdefinition, die den Verfasser erzählender Prosa in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt. Der gesellschaftlich anerkannte Autor erzählender Prosa zeichnet sich durch die Erfüllung eines von Verlegern, Kritikern, Rezipienten und vom Autor an sich selbst gestellten Originalitätsanspruch aus, der sich auf die inhaltliche, thematische, stilistische und ästhetische Bearbeitung seines gedanklichen Materials bezieht und in seinen Erzähltexten Ausdruck findet.

Im literarischen Kommunikationsprozess ist der Prosa-Autor auf der extratextuellen Ebene angesiedelt und unterscheidet sich somit von den fiktiven Sprechern seines Werkes (wie Erzählfiguren oder dem Lyrischen Ich). Der individuelle Habitus des Autors konstituiert sich auf der Textebene durch die persönliche Art des literarischen (auch dichtenden) Erzählens und Schreibens und auf außerästhetischer Ebene in der öffentlichen Stilisierung seiner spezifischen Identitätsauffassung. Vor dem Hintergrund wirtschaftlicher, sozialer und rechtlicher Diskurse bestimmt sich der Autor über einen Begriff von Arbeit, der sich in den urheberrechtlich geschützten Werken und deren effizienter Vermarktung manifestiert.

Über den Autor wird in der Literaturwissenschaft viel diskutiert: Ob und wie er in die Interpretation einbezogen werden darf oder sogar muss, oder ob er gar eine überlebte, marginale Institution sei, die für das Textverständnis nichts Wesentliches zu leisten im Stande ist. Dabei unterliegen Begriffe, Definitionen und Modelle von Autorschaft, die zur Beantwortung dieser Fragen beitragen, sowohl dem philosophischen und ideologischen Blickwinkel auf dieses Phänomen (wie beispielsweise dem marxistischen oder psychoanalytischen) als auch dem epochalen, historischen Wandel. War im frühen Mittelalter die Qualität eines Autors noch einzig dadurch bestimmt, in welcher Form es ihm gelang, die göttliche Wahrheit in religiösen Schriften zu reproduzieren, so setzte mit der Säkularisierung auch eine Befreiung des Autors aus seiner Kopistenrolle ein. Erst durch die technische Revolution des Buchdrucks im 15. Jahrhundert und durch das Erwachen der schöpferischen Autonomie wird der Autor zum Träger von programmatischen Publikumserwartungen.

Über die mentalitätsgeschichtlichen Epochen (Sturm und Drang, Weimarer Klassik, Romantik, etc.) hinweg gelang es dem Autor, sich als feste kulturelle Größe innerhalb des gesellschaftlichen Gefüges zu etablieren, indem er seine Arbeit als das freie Tun des besonnenen Menschen zu definieren wusste, der ebenso weiß was er will, als auch kann, was er will. Das Selbstbewusstsein des Autors wurde sodann im 20. Jahrhundert maßgeblich durch das auf Roland Barthes und Michel Foucault zurückgehende und vom Poststrukturalismus popularisierte Schlagwort vom Tod des Autors erschüttert. Dieser von der Kulturkritik seitdem immer wieder aufgegriffene Topos vom Tod des Autors versteht sich dabei nicht als grundsätzliche Negation der Autorposition, sondern als funktionale Relativierung des auf den Autor gerichteten Personenkults.

©CJ

 

Sekundärliteratur

  1. F. Jannidis (Hg.): Texte zur Theorie der Autorschaft, Stuttgart 2000.
  2. M. Foucault: Was ist ein Autor [1969], in: ders.: Schriften zur Literatur, Frankfurt/M. 1988.