Vorlesung

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lat. lectio, engl. lecture; frz. cours, conférence

Die Vorlesung als akademische Lehrform hat eine lange Tradition und variable Gestalt. Allgemein gilt: Für die Vorlesung versammeln sich der Gelehrte und die Studenten regelmäßig zu einer bestimmten Zeit an einem festgelegten Ort, um ein bestimmtes Teilgebiet des Fachs zu behandeln. In antiken Philosophenschulen und mittelalterlichen Universitäten las der Gelehrte vor einer Anzahl Studenten einen kanonischen Text vor und legte ihn zugleich kommentierend aus (praelectio). Mitunter diktiert der Lehrende einen Text Wort für Wort (bis in die heutige Zeit!?).

Etwa seit 1700 gibt es deutschsprachige Vorlesungen. Ziel der modernen Vorlesung seit Anfang des 19. Jahrhunderts soll nicht 'reine' Wissensvermittlung sein – dazu eignet sich eher das Lehrbuch –, sondern die Einführung in wissenschaftliches Denken unter Rückgriff auf rhetorische und didaktische Hilfsmittel. Die Vorlesung soll anhand von Fachkenntnissen hergebrachte Meinungen der Lernenden problematisieren, kritisches Denken fördern, Grundfragen und Methoden des Fachs vermitteln sowie neue Sichtweisen eröffnen. Empfohlen wird die Form des (zumindest teilweise) freien, lebendigen und zugleich durchgearbeiteten Vortrags, der zu Diskussionen anregen soll.

Aus verschiedenen Gründen steht die Vorlesung seit langem unter Rechtfertigungsdruck. Sie gilt manchen als unzeitgemäße, hierarchisch ablaufende Lehrveranstaltung, die Gefahr läuft, das Denken der Studenten u.a. durch die Notwendigkeit zum Mitschreiben zu behindern. Andere befürworten den persönlichen Vortrag und die Mitschrift von Notizen als Konzentrationsübung, die auch die Fähigkeit entwickelt, mitzudenken bzw. zentrale Gedanken zu erkennen und festzuhalten, und aus diesem der Vermittlung von Faktenwissen im Lehrbuch vorzuziehen sei.

Heutzutage werden in Vorlesungen neben Schrift und Wort häufig auch weitere Medien 'didaktisch' eingesetzt. Im Zeitalter der Computertechnologie wird die Vorlesung ihre Vorzüge vermehrt unter Beweis stellen müssen, um ihre Rolle als wichtige akademische Lehrform nicht zu verlieren.

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Sekundärliteratur