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Flugblatt/Flugschrift

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Der Begriff "Flugschrift" wird in doppeltem Sinn verwendet: Zum einen ist damit die mehrseitige Broschüre im Gegensatz zum Flugblatt (Einblattdruck) gemeint; zum anderen ist "Flugschrift" aber auch der Obergriff für eine bestimmte Publikationsform, die beide Varianten umfasst. In der deutschen Sprache erscheinen im 18. Jahrhundert zunächst die Begriffe "fliegendes Blatt" und "fliegende Schrift" als Lehnübersetzungen zu frz. feuille volante; angespielt wurde damit ursprünglich auf den losen, nicht gehefteten Zustand im Gegensatz zum gebundenen Buch. Gleichzeitig illustrierte diese Metapher aber auch schon die Reichweite und Beweglichkeit der Publikationsform. Ab Ende des 18. Jahrhunderts sind dann die Begriffe "Flugblatt" und "Flugschrift" nachweisbar.

Die erste erhaltene Flugschrift, ein Einblattdruck, stammt von 1488. -Flugschriften sind ein- oder zweiseitig bedruckt und können Illustrationen enthalten. Sie wurden ins Leben gerufen durch Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, der eine schnelle Produktion größerer Stückzahlen zu günstigem Preis erlaubt. Das handliche Format, die geringen Herstellungskosten und die im Vergleich zur Manuskriptkultur hohen Herstellungszahlen machten Flugblätter und Flugschriften zum ersten technisch hergestellten Massenkommunikationsmittel. Inhaltlich gibt es zwischen Flugblatt und Flugschrift im engeren Sinne keinen Unterschied; in beiden Fällen existiert eine beträchtliche thematische Spannweite (politische, religiöse, allgemein moralische, soziale, gesellschaftliche Stellungnahmen, aber auch Berichte über spektakuläre Ereignisse, Naturerscheinungen, Missgeburten usw.). Vor allem jedoch ermöglichte die kurze Herstellungszeit Aktualität, so dass Flugblätter als Vorläufer der Zeitungen gelten können; einige Flugblätter von Humanisten, in denen neue wissenschaftliche Erkenntnisse verbreitet wurden, führen auch explizit den Begriff "Newe Zeitung" im Titel.

Flugblätter haben auch in späteren Zeiten ihre Eigenschaft als Kommunikationsmedium nie prinzipiell verloren. Seit der Institutionalisierung einer überregionalen Tagespresse und der Erfindung des Rundfunks ist man für großräumige Kommunikation auf sie nicht mehr angewiesen; sie haben aber nach wie vor Bedeutung für Gruppenkommunikation, kurzfristige Information, Propaganda, Produktwerbung und natürlich für alle Informationen, die den Weg in die öffentlichen Massenmedien nicht finden können oder nicht finden dürfen. Moderne Nachfahren des Flugblatts sind hektographierte oder fotokopierte Zettel.

©RB

Sekundärliteratur

  • H. Wäscher: Das deutsche illustrierte Flugblatt. 2 Bde, Dresden 1955, 1956.
  • K. Schottenloher: Flugblatt und Zeitung. 2 Bde, München 1922 (Nachdruck 1985).
  • R. Schenda: Blatt und Heft. In: C. Baumgärtner (Hg.): Lesen - ein Handbuch, Hamburg 1973, S. 26-47.