Startseite Inhalt

Francesco Petrarca

Achtung, öffnet in einem neuen Fenster. PDFDruckenE-Mail

* 20.7.1304, Arezzo
† 18./19.7.1374, Arquà bei Padua

Mit Dante Alighieri und Giovanni Boccaccio bildet Francesco Petrarca jenes Dreigestirn, das dem italienischen Trecento, dem 14. Jahrhundert, den Ruf einer literarischen Blütezeit eingebracht hat. Auf der Schwelle zwischen Mittelalter und Renaissance bildete sich mit dem humanistischen Lebensgefühl die Idee eines 'neuzeitlichen Menschen' heraus, die Petrarca in besonderer Weise verkörpert.

Als Sohn eines aus Florenz verbannten Notars wuchs Petrarca teils in Italien, teils in der Umgebung des Papsthofes in Avignon auf. Nach einem Jurastudium erhielt er 1326 die Weihe zum Geistlichen. Allerdings stand ihm der Sinn mehr nach dem Studium der antiken Autoren und einer eigenen dichterischen Produktion. Neuzeitlich gesprochen: Petrarca setzte ganz auf eine philosophisch-literarische Karriere und begab sich auch immer wieder in Abhängigkeit von weltlichen und kirchlichen Herren, um die eigenen Projekte voranzutreiben.

Seinem unsteten Leben, das von vielen Wohnortwechseln und Reisen geprägt war, entspricht ein vielgestaltiges Werk. Petrarcas Hauptaugenmerk galt der Wiederentdeckung antiker Autoren. Unermüdlich suchte er auf seinen Reisen nach verschollenen Handschriften. In seinen in lateinischer Sprache abgefaßten Schriften, dem weitaus größten Teil seines Werkes, waltet das Prinzip einer produktiven Auseinandersetzung mit den antiken Vorlagen. Beispielhaft in dieser Hinsicht sind das Epos Africa (1338-43) oder die Biographiensammlung De viris illustribus (dt. Von berühmten Männern, 1338 ff.).

Weiterhin versuchte Petrarca, die antike Philosophie mit der zeitgenössischen christlichen zu verbinden. Mit dem Dialog Secretum (1342/43, dt. Gespräch über die Weltverachtung ) wandte er sich direkt an den Kirchenvater Augustinus, um das Verhältnis von Glauben und Dichtung zu diskutieren. In De vita solitaria (1346-56, dt. Vom einsamen Leben) oder De otio religiosorum (1347, dt. Von der Muße der Mönche) werden Weltflucht und Meditation beschworen, aber zunehmend in den Dienst der Dichtung gestellt.

Petrarcas Bedeutung als führender Geist des Frühhumanismus liegt jedoch in seinen zahlreichen, oft in Hexametern abgefaßten Kunstbriefen. Sie richten sich an tote (Cicero, Seneca, Homer) oder lebendige (Boccaccio) Freunde und Verwandte des Dichters und bilden in ihrer Gesamtheit - trotz starker Selbststilisierung - eine erste moderne Autobiographie. Immer wieder wird die Schilderung seines Aufstiegs zum provencalischen Berg Mont Ventoux zitiert, die Petrarca 1336 unternahm. Das Neuartige an dieser Schilderung besteht in der Naturwahrnehmung, die sich von der symbolischen Landschaftserfahrung des Mittelalters abhebt. Andererseits kommt hier ein Ich zur Sprache, welches das eigene konkrete Erleben von Raum und Zeit nicht mehr in einem göttlichen Zusammenhang aufgehoben sieht. Einige Interpreten haben diesen Brief deswegen auch als die Geburtsurkunde der modernen Subjektivität gelesen.

Unserer Zeit ist Petrarca aber vor allem durch ein in der Volkssprache Italienisch abgefaßtes Werk in Erinnerung geblieben: den Canzoniere (1342-74, ersch.1470). Der vollständige Titel Des lorbeergekrönten Dichters Francesco Petrarca Bruchstücke in der Volkssprache scheint anzuzeigen, dass Petrarca seinen italienischen Dichtungen eine geringe Bedeutung zumaß. Tatsächlich aber war er immer wieder um Verbesserungen bemüht und starb schließlich über der neunten Fassung der Texte. Der Canzoniere mit seiner unsterblichen Figur der Geliebten Laura (der Petrarca 1327 erstmals begegnet sein will) weist seinen Autor als Meister der Liebeslyrik aus und macht ihn zum Vorbild für das folgende Jahrhundert. Die Sammlung besteht aus 366 Gedichten, von denen die meisten Sonette sind. Die Seufzer des Herzens gelten Laura, die eine Imagination des Dichters ist, aber ein Schönheitsideal der Renaissance verkörpert. Entscheidend ist, daß die Geliebte zum Spiegel der eigenen Seelenlage wird. Petrarca 'entdeckte' die moderne Innerlichkeit und fächert ihre konkreten Gemütszustände auf.

Einzelne formale und inhaltliche Elemente dieser Lyrik (Sonettform, Antithetik, lautmalerisches Spiel mit dem Namen der Geliebten, der Attribute in Art eines 'Schönheitskatalogs' zugesprochen werden; sie ist ein bezauberndes, aber abweisendes Wesen, das den Dichter lustvollen Schmerz über die unerfüllte Liebe artikulieren läßt) haben in vielen Ländern Nachahmer gefunden. Diese Lyriktradition wird als Petrarkismus bezeichnet.

Petrarca wurde mit Ruhm verwöhnt und genoß bereits zu Lebzeiten als Moralphilosoph und Humanist ein hohes Ansehen. 1341 wurde er in Rom zum Dichter gekrönt und durfte sich fortan "Poeta Laureatus" nennen. Erst nach seinem Tod setzte, mit dem Siegeszug der Volkssprache im 16. Jahrhundert, auch die Anerkennung als bahnbrechender italienischer Dichter ein.

© SR

Wichtige Schriften

  • Africa (1338-43)
  • De viris illustribus (1338-53, dt. Von berühmten Männern)
  • De otio religioso (1347, dt. Von der Muße der Mönche)
  • Epistolae metricae (1333-52, dt. Metrische Briefe)
  • Rerum familiarum libri (1366, dt. Freundschaftsbriefe)
  • Canzoniere (1342-74)
  • Trionfi (1351-74, dt. Triumphe)

Sekundärliteratur

  • G. Hoffmeister: Petrarca, Stuttgart 1997.
  • J. Ritter: Subjektivität. Sechs Aufsätze, Frankfurt am Main 1974.
  • K. Stierle: Petrarca. Fragmente eines Selbstentwurfs. Essay, Darmstadt 1998.